Manuelle Zellzählung in der Zählkammer
Die Zählung von Zellen (eukaryotische und im Besonderen Säugerzellen) in der Zählkammer ist ein altes, aber immer noch gängiges Verfahren zur Bestimmung der Zellzahl pro mL. Wir wollen auch Hinweise geben, wo man mit der Fehlersuche (Trouble Shooting) beginnen kann, wenn Probleme mit den Zählungen auftreten.
Für die Zellzählung kann man verschiedene Kammern verwenden. Die Neubauer improved ist die gängigste Zählkammer in der Zellkultur. Andere Kammern wie die Thoma-Kammer z.B. sind ebenfalls geeignet. Eine gute Übersicht über das Aussehen der Zählfelder findet man bei Hecht Labor.
Die Zellzählung ist eine wichtige Grundlage für die Kontrolle des zellulären Wachstums über Wachstumskurven und natürlich ist das Ausplattieren der erste Schritt eines Assays. Eine präzise Zählung ist also eine essentielle Grundlage in der Zellkultur. Daher sind Zählungsmethoden und Zellzählgeräte (Counter) Thema in unserem Zellkultur Basiskurs und in den Fortbildungen Zellkultur Bioassays und QM in der Zellkultur.
Formblatt download
Wer beim Berechnen von Zellzahlen Probleme hat oder seine Berechnung einfach überprüfen möchte, kann hier unser Excel Formblatt herunterladen. Tragen Sie einfach ihre Zahlen in die gelben Kästchen ein und lesen Sie das Ergebnis in den roten Feldern ab. |
Inhaltsverzeichnis dieser Übersicht:
Hintergrund-Informationen
Verwendung von Trypanblau
Wer mit der Neubauer-Kammer zählt, sollte immer eine Trypanblau-Färbung mitmachen. Diese dauert nicht lange und ist nicht aufwendig, liefert jedoch wichtige Informationen zur Qualität der Zellen. Beide Ergebnisse (Zellzählung und Vitalität) sollten mindestens wöchentlich dokumentiert werden.
Für die Färbung werden die Zellen einfach ca. 1:2 bis 1:10 mit einer Trypanblau-Lösung versetzt. Tote Zellen werden von Trypanblau blau angefärbt, da es durch die Membran gelangen kann. Lebendige Zellen werden nicht gefärbt. Zuerst sollte der Anwender die mit Trypanblau angefärbten Zellen zählen und anschließend die gesamte Zellzahl. Diese Reihenfolge ist wichtig, da Trypanblau an Proteine bindet und zytotoxische Eigenschaften besitzt. Dies kann, wenn man die Proben zu lange mit Trypanblau stehen lässt und nicht zügig zählt zu falschen Ergebnissen führen.
Vorabhinweise Sterilität
Die Entnahme der Probe für die Zählung muss unter einer biologischen Sicherheitswerkbank (sterile Werkbank) erfolgen. Das Beschicken der Kammer sollte jedoch vorzugsweise außerhalb der Sicherheitswerkbank stattfinden, da die Kammer nicht steril ist und nach dem Anhauchen eine Kontaminationsquelle darstellt. Daher empfehlen wir eine Probe in ein steriles Reaktionsgefäß (Eppi-Cup) zu geben. Für Lebend-Tot-Zählungen ist dies sowieso notwendig.
Vorabhinweise Statistik
Für Zählungen unter GMP sollte man während der Validierung überprüfen, welche Anzahl an Feldern für eine ausreichend statistisch akzeptable Zählung notwendig sind. Vergessen Sie nicht, die Ergebnisse zwischen den verschiedenen Mitarbeitern zu überprüfen.
Anleitung Auszählverfahren
Für normale Säugerzellen nutzt man in der Zählkammer zum Auszählen die Eckquadrate. Für kleinere Zellen z.B. Erythrozyten, Hefen oder Algen zählt man Teile des Mittelquadrats aus, weil dieses noch feiner unterteilt ist und man häufig sehr hohe Zellzahlen pro ml hat.
Um eine bessere Orientierung während der Mikroskopie zu haben, zählt man am besten mit dem 10-er Objektiv (100-fache Vergrößerung), da man ein ganzes Eckquadrat bzw. Mittelquadrat sehen kann.
Eckquadrat Neubauer improved
Eckquadrat im Mikroskop (10x Objektiv)
In den vielen Kammern ist das Mittelquadrat zur Zählung von besonders kleinen Zellen wie z.B. Blutzellen noch weiter unterteilt. Die Hilfslinien, die in den Eckquadraten nur außen vorkommen sind hier für alle Gruppenquadrate vorhanden. Dies erlaubt bei hohen Zellzahlen nur Teile der 16 oder 25 Gruppenquadrate auszuzählen (nummerierte Felder in den Bildern unten). Für Säugerzellen werden die Mittelquadrate meist nicht genutzt, weil die Zellen größer sind und die zusätzlichen Linien dann nur verwirren.
Mittelquadrat Neubauer improved
Mittelquadrat Neubauer classic
Die Seiten jedes Eckquadrats sowie des Mittelquadrats sind jeweils 1mm lang. Daher ist die Fläche eines jeden Eckquadrats, sowie des Mittelquadrates jeweils 1mm2. Durch das Auflegen des Deckglases entsteht ein dreidimensionaler Raum mit definierter Größe. Bei fast allen Kammern ist die Höhe dieses Raumes = Kammertiefe = 0,1mm. Die Kammertiefe ist auf jeder Kammer angegeben. Das auszuzählende Volumen ist somit im Eckquadrat und Mittelquadrat jeweils 0,1mm3 = 0,1µL. Durch Multiplikation der Zellzahl pro Eck- oder Mittelquadrat mit 104 (= 10.000) ergibt sich die Zellzahl pro ml da 104 * 0,1µL = 1mL.
Die zweite Zahl, die auf der Kammer angegeben ist, nennt die Fläche eines µ-Quadrates (s.o., meist 0,0025mm2) im Mittelquadrat. Diese Angabe wird gemacht, weil man mit dieser Angabe durch Multiplikation alle Flächen berechnen kann. Also wenn man alle µ-Quadrate im Mittelquadrat auszählt, ergibt das: Mittelquadrat = 25 Gruppenquadrate à 16 µ-Quadraten à 0,0025mm2 = 25 * 16 * 0,0025mm2 = 1mm2.
Die Eckquadrate der verschiedenen Kammern haben unterschiedliche Begrenzungslinien. Manche Kammern haben eine, andere zwei, die neueren Kammern drei Begrenzungslinien. In allen Fällen ist eine dieser Linien die diejenige, auf der die Entscheidung beruht, ob eine Zelle gezählt wird oder nicht. Die anderen stellen Hilfslinien dar. In der nachstehenden Abbildung sind die wichtigen Begrenzungslinien in Rot dargestellt, während die Hilfslinien grün sind.
In allen Fällen werden die Eckquadrate so ausgezählt, dass an zwei Seiten (in der Abb. oben und rechts) die Zellen mitgezählt werden, die die Begrenzungslinie berühren (schwarze Zellen) und an zwei Seiten (in der Abb. unten und links) die Zellen, die die Begrenzungslinie berühren, nicht mitgezählt werden.
Kurz-Protokoll für eine optimale Zählung in der Neubauer-Kammer
Vorbereitungen
Suspensionszellen können direkt aus der Kulturflasche entnommen werden. Adhärente Zellen werden mittels Trypsin oder anderen Detachment-Lösungen vorab gelöst, die Reaktion wird gegebenenfalls gestoppt und dann in allen Fällen zentrifugiert und das Pellet resuspendiert.
Materialien
- Handschuhe
- Zu zählende Zellsuspension in Flasche oder Zentrifungenröhrchen
- Gegebenenfalls Zentrifugenröhrchen-Ständer (s.o.)
- Sterile "gelbe" 20-200 µL Pipettenspitzen unter der Sicherheitswerkbank
- Gute, mit 70% Ethanol gereinigte, 20-200µL Pipette (z.B.: Eppendorf) unter der Sicherheitswerkbank
- Sterile Reaktionsgefäße (Eppi-Cups z.B.: 1,5ml)
- Ständer für Reaktionsgefäße
- Müllbeutel für Trypanblau-Abfall
- Trypanblau-Lösung (nicht zu alt oder frisch zentrifugiert)
- Neubauer Zählkammer und zugehöriges Deckglas, beide gereinigt
- Mikroskop und Phasenkontrast 10x Objektiv (bei Hefen, Algen und Erythrozyten 40x)
- Handzähler
- Laborbuch oder Formblatt Zellzählung
Durchführung
In der Sicherheitswerkbank
- Zellsuspension gut mischen
- 50µL Probe der Zellsuspension mit einer Pipette (z.B. Eppendorf 20-200µL) entnehmen
- Probe in eine steriles Reaktionsgefäß (Eppi-Cup) überführen
- zweites Mal 50µL Probe der Zellsuspension mit einer Pipette (z.B. Eppendorf 20-200µL) entnehmen
- Probe in ein zweites steriles Reaktionsgefäß (Eppi-Cup) überführen
Außerhalb der Sicherheitswerkbank
- Zur ersten Probe 50µL Trypanblau pipettieren und mischen (= Verdünnung 1:2)
- Neue Spitze aufsetzen
- Zur zweiten Probe ebenfalls 50µL Trypanblau pipettieren und mischen (= Verdünnung 1:2)
- Neubauer-Kammer anhauchen
- Deckglas aufsetzen und auf Newtonsche Ringe prüfen (Regenbogenfarben)
- Neue Spitze aufsetzen
- Probe 1 in Kammer 1 = oben pipettieren
- Neue Spitze aufsetzen
- Probe 2 in Kammer 2 = unten pipettieren
- Kammer 3sec setzen lassen
- Prüfen, ob das Deckglas noch fest anhaftet
- Kammer unter das Mikroskop legen
- 10x Objektiv verwenden (Invers- oder Auflicht-Mikroskop)
- Oberes Zählfeld suchen, ohne die Kammer mit dem Objektiv zu berühren
- Im 10x Objektiv kann man ein komplettes Eckquadrat sehen
- Links oben anfangen und alle 4 Eckfelder zählen
- Jeweils die Einzelwerte aufschreiben (Laborbuch)
- Unteres Zählfeld suchen
- Links oben anfangen und alle 4 Eckfelder zählen
- Jeweils die Einzelwerte aufschreiben (Laborbuch)
- Werte auf Homogenität überprüfen
- Mittelwert aus allen 8 Werten der Eckfelder bilden
z.B. (51+54+50+52+53+51+53+52)/8=52 - Zellzahl berechnen:
Zellzahl/mL = Mittelwert (52) * Verdünnungsfaktor (hier 2) *104 Zellen/mL
= 104 * 104 Zellen/mL = 1.040.000 Zellen/mL = 1,04 Mio Zellen pro mL
Testen Sie sich selbst! Wie gut ist ihr Wissen zur Zählung in der Zählkammer? Wenn Sie das Quiz beendet haben, bekommen Sie Ihre Punktzahl genannt. Über Review Quiz können Sie sich die richtigen Antworten anzeigen lassen. Hintergrund-Informationen finden Sie auf dieser Themenseite.
Da flash basiert, zur Zeit offline
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Standardisierung von Zellzählungen in der Neubauerkammer
Wer eine Zählung mittels Neubauer-Kammer standardisieren möchte, sollte folgende Teilschritte mit einbeziehen, prüfen und in einer SOP (Standard Operating Procedure) festlegen. Die SOP sollte unbedingt ein Bild der Quadrataufteilung beinhalten, da hier die meisten Missverständnisse entstehen:
- Resuspendieren und mischen der Zellsuspension (Zellen setzten sich schnell ab)
- Verdünnung der Zellsuspension (am besten μL + μL)
- Dauer bis zur Probennahme
- Pipette und Pipettenspitzen (System eines Herstellers - wie z. B. Eppendorf - sind präziser als Mischsysteme)
- Korrekter Sitz des Deckglases vor und nach dem Probenauftrag
- Menge der ausgezählten Quadrate. Für präzise Zählungen beide Seiten der Zählkammer mit der gleichen Probe beschicken (=Doppelbestimmung) und jeweils 4 große Eckquadrate auszählen. Für Stammkulturen reicht u.U. eine Seite und je nach Verdünnung der Zellsuspension evtl. weniger als 4 Quadrate.
- Genaue Festlegung des Zählmodus. Vor allem bei Kammern mit drei Begrenzungslinien.
- Genaue Erläuterung der Berechnungsformeln. Was setzt man ein, wenn man 1 oder mehrere Quadrate gezählt hat, wie setzt man Verdünnungsfaktoren ein und vor allem wo.
Benutzung von Zählkammern unter GMP
Unter GMP sollten sich alle Techniken am Stand der Technik orientieren. Dies ist eigentlich mittlerweile in Bezug auf die Zellzählung die automatisierte Zählung mittels eines Counters. Trotzdem ist es momentan möglich auch unter GMP mit Hämozytometer zu zählen. Dann jedoch muss eine Validierung der Methode erfolgen. Im Besonderen sollte die Abweichung bei Zählungen verschiedener Personen berücksichtigt werden.